Ein Possenspiel ganz besonderer Art musste die Initiative Radverkehrswende Hameln JETZT beim Versuch erleben, für eine wissenschaftliche Studie zur Innenstadtbelebung die IHK als Unterstützer zu gewinnen.
Im Gespräch mit OB Claudio Griese am 30.11. 23 hatten wir diesem erstmals die Idee vorgestellt, durch ein Studienprojekt an der Hochschule Weserbergland wissenschaftlich untersuchen zu lassen, ob und wie auch die Wirtschaft unserer Stadt von veränderter Verkehrsführung und -infrastruktur profitieren könnte.
Ja, es gibt schon solche Studien, die nahelegen, weniger MIV bringe mehr Innenstadtbelebung; Lebensqualität und Einnahmen für die örtlichen Geschäftsleute; aber diese Studien stammen durchweg aus anderen, meist größeren Städten. Und ja, wir haben mit eigenen Augen in Nordhorn, einer Stadt vergleichbarer Größe, gesehen, dass die Innenstadt keine Leerstände aufwies, obwohl / weil (?) die Fahrradinfrastruktur zu Lasten des MIV gestärkt wurde.
Aber um hier auch methodisch korrekt vorzugehen, hatten wir einen Projektantrag formuliert, der, ergebnisoffen und unvoreingenommen, der Frage „Belebung der Hamelner Innenstadt durch die Neuaufteilung des öffentlichen Raums?“ nachgehen soll (Die Projektskizze zum Antrag findet ihr hier). Die ortsansässige Hochschule Weserbergland garantiert ja eine objektive, ideologiefreie Untersuchung – wer den Hochschulbetrieb kennt, weiß dass ein ideologisch gefärbtes „Gefälligkeitsgutachten“, das in irgendeiner Weise ein vorgegebenes Ergebnis nur bestätigt, per se ausgeschlossen ist.
Das heißt, wir verließen uns eben nicht nur auf andere Studien, wir stellten mit dem Thema eben nicht die “Verkehrswende” in den Mittelpunkt , und wir gingen das Risiko ein, dass die Untersuchung ein Ergebnis generiert, das dann keine oder negative Auswirkungen einer Reduzierung des MIV zugunsten von ÖPNV sowie Rad- Fußverkehr ergibt.
OB Griese zeigte sich dem Vorhaben gegenüber daher auch offen und bot die Unterstützung der Stadt an – kein Wunder, Hamelns Innenstadt hat zunehmend mit Leerständen zu kämpfen, was ja sowohl ihrer Attraktivität als auch ihrer Prosperität schadet. Er empfahl uns aber noch, die IHK, die daran ja auch ein originäres Interesse haben müsse, mit ins Boot zu holen.
Bei einem Gespräch mit der Leiterin der IHK-Geschäftsstelle Hameln, Frau Dr. Dorothea Schulz, am 15. Dezember 2023, das in konstruktiver und angenehmer Atmosphäre stattfand, signalisierte diese dann auch Unterstützung für das Projekt – sie regte sogar zusätzlich an, dass neben dem Einzelhandel auch Gastronomie und Dienstleister mit in die Untersuchung einbezogen werden sollten, und forderte lediglich, dass das Projekt wirklich “ergebnisoffen” sein müsse. Dies billigten wir zu, passten den Antrag dementsprechend nochmals an und übersandten ihn der Stadt und dann auch der IHK zur finalen Absegnung.
Diese erfolgte zu unserem Erstaunen jedoch nicht, stattdessen wird sich die IHK Hannover aus „kammerpolitischen Erwägungen“ nicht beteiligen. Die Begründung der IHK Hannover dafür: „Verkehrswende“ sei “nicht unser Ansatz”, eher “ein strukturierter Umbau”, der alle Verkehrsteilnehmer berücksichtige und nicht “ideologiegetrieben” sei, wie es “der Name des Projektantragsstellers zumindest vermuten” lasse.
Ja – was ist da passiert?
Offensichtlich hilft es nichts, wenn für die Untersuchung eine der ideologischen Voreingenommenheit unverdächtige, wissenschaftliche Institution beauftragt werden soll, und wenn die Themenstellung nicht von “Verkehrswende” spricht, sondern von „Belebung der Hamelner Innenstadt”
Die Alarmglocken in Hannover läuten trotzdem, wenn der Auftraggeber der Studie – der diese dann gar nicht durchführt! – das böse Wort “Verkehrswende” im Titel führt. Denn es passt durchaus zu den Entwicklungen der jüngsten Zeit, gerade auch in Hannover, wenn man versucht, die – schon aus Klimaschutzgründen notwendigen – Änderungen zuungunsten des MIV zu stoppen und zurückzudrehen.
Und da hatte man dann offenbar doch mehr Furcht davor, dass die Untersuchung am Ende womöglich bestätigt, dass weniger Autos der Innenstadtbelebung am Ende sogar nützen würden.
Stellt sich nur noch die Frage, wer hier eigentlich “ideologiegetrieben” ist…
Selbstverständlich ist der Projektantrag nun dennoch bei der Hochschule Weserbergland eingereicht worden – immerhin haben wir dafür ja die Unterstützung der Stadt Hameln; andere Unterstützer könnten noch dazu kommen.