Der Weserradweg: Standortvorteil für Hameln – aber da geht noch mehr!

Hameln liegt an der Weser – und an der Weser liegt der Weserradweg, die erste Wahl für Radtouristen in Deutschland. Was hat Hameln davon? Was könnte Hameln davon haben?

Der Weser-Radweg gehört zu den attraktivsten Radwanderwegen in Deutschland; der ADFC stuft ihn sogar als den „beliebtesten Radfernweg“ ein:1im vergangenen Jahr waren knapp 500.000 Menschen darauf unterwegs2, und er belegt auch bei den monatlichen Google-Suchanfragen regelmäßig den ersten Platz.

Kein Wunder: Radreisende finden am Weserradweg Kulinarik-, Kultur- und Naturerlebnisse, und sie können sich auch ausgezeichnet über die Route und deren Highlights informieren, z.B. über die Weser-Radweg-App, den bekannten Bikeline-Führer, mehrere gut gepflegte Internetseiten.

Und nicht nur die „Weser-Radweg Infozentrale“, sondern das Zentrum des Weser-Radweg-Tourismus selbst liegt in Hameln! Unsere Weser-Renaissance- und Rattenfängerstadt ist für die meisten Radreisenden selbst ein Muss, und die hiesige Geschäftswelt, Gastronomie und Hotellerie profitierten kräftig davon: die durchschnittlichen Ausgaben der Radwandernden pro Tag und Person liegen bei rund 100 Euro.3

Daher sollte man meinen, dass dies der Stadt und der HMT („Hameln Marketing und Tourismus“) sehr bewusst ist und sie alles Erdenkliche tun, um den Radtouristen die durch Hameln verlaufende Wegführung attraktiv zu gestalten und Angebote und Anreize schaffen, um die Radler weg vom Weg und in die Altstadt zu locken. Aber die Wahrheit ist: auch wenn sichtbar an Verbesserungen gearbeitet wird, ist da noch viel Luft nach oben!

Versetzen wir uns doch einmal in einen ortsunkundigen Radreisenden und begeben uns mit ihm, oder ihr, von Süden kommend, auf die Fahrt nach und durch Hameln.

Die Zufahrt von dieser Süd-Seite aus ist verbessert: hinter dem schönen Ausflugslokal Wehrberger Warte und dem Ruderverein RVW wurden in der jüngeren Vergangenheit die Fluthamelbrücke ausgebessert und die Brücke über die Hafenspitze neu gebaut. Über diese ist auf direktem Weg das Hamelner Weserufer per Rad erreichbar; durch ein relativ neues Piktogramm mit dem Radweg-Symbol verirren sich nur noch wenige Radler in die Kanu-Club-Sackgasse.

Dann geht es direkt am Ufer entlang Richtung Sumpfblume, Melounge und dem Außenbistro Weser-Glück des Hotels Stadt Hameln – immerhin drei gastronomischen Angeboten direkt am Weserufer, die von den Rad-Touristen kräftig profitieren.

Allerdings haben Letztere Pech, wenn sie an einem Flohmarkt-Sonntag anreisen und hinter der Brücke in den Sumpfblume-Flohmarkt geraten, der ein Weiterfahren unmöglich macht, und auf den – zumindest beim letzten Flohmarkt am 04.05. – noch nicht einmal ein Schild hinweist. Man kann sich schon fragen, warum man dies den Radtouristen des „beliebtesten Radfernweges“ zumutet.

Auch die Weiterfahrt dort wurde ja gerade noch rechtzeitig zu Beginn der Rad-Saison, nach ca. halbjähriger Sperrung, wieder freigegeben – fraglich bleibt allerdings, was da eigentlich im Bereich Europaplatz „verbessert“ wurde: nach wie vor stehen Bauzäune und -baken und die Fahrbahn ist ein Flickenteppich aus alter Pflasterung und provisorisch asphaltierten Flächen.
Einen Baustellen-Hinweis dafür sucht man auf dem Weg, und auch auf der Internetseite des Radweges, vergeblich. 4

Erreichen die Radtouristen die alte Weserbrücke, haben sie die Hamelner Altstadt direkt vor Augen – nur einen direkten Radweg dorthin gibt es nicht! Zwar wurden inzwischen sehr gut sichtbare Hinweisschilder aufgestellt, die auf die Radwegführung, auch Richtung Innenstadt, nach links, unter der Brücke hindurch, hinweisen, dennoch sieht man nach wie vor Touristen, die ratlos an der vierspurigen Straße stehen und nicht wissen, wie sie in die Altstadt kommen sollen.

Folgen die Touristen aber doch der Radwegführung unter dem Tunnel hindurch, befinden sie sich zwar weiterhin direkt an der Weser und sind der Altstadt nah, aber weitere Hinweisschilder dorthin gibt es nicht – nur eines kurz vor der Pfortmühle in Richtung „Aerzen“ (?). Selbst die Sicht auf die Altstadt ist versperrt. Auch weitere gastronomische oder kulturelle Angebote direkt am Radweg gibt es danach im Stadtgebiet überhaupt keine mehr. Touristen bekommen jedenfalls nicht den Eindruck, dass der Stadt Hameln ihre Lage am Wasser und der dortige Radweg wichtig sind – die Stadtverwaltung will das dem Vernehmen nach zwar ändern – aber der Status Quo ist, vorsichtig ausgedrückt, suboptimal.

Denn auch der weitere Verlauf hinter der Thiewall -Brücke beginnt zwar mit der schönen Promenade hinter dem Sana-Klinikum, führt dann aber hinter der Jugendherberge auf den schlimmen Abschnitt auf dem Fußweg entlang der vielbefahrenen Bundesstraße. Spätestens hier können die Radfahrenden nur noch denken: „schnell weg von hier“!

Besserung ist allerdings in Sicht. Die Bagger sind endlich, nach 10 Jahren Planungsphase (!), angerollt und bauen am fehlenden Radweg-Teilstück bis zum Upnor-Gelände. Ob es in dieser Saison noch fertig wird, ist zwar zu bezweifeln, aber zumindest kann man sagen: besser spät als nie, denn das Provisorium an der Fischbecker Landstraße ist ja nicht nur beschämend hässlich und laut, sondern auch gefährlich, da der schmale Weg sogar noch mit Fußgängern geteilt werden muss.

In Richtung nördlicher Ortsausgang stellt sich dann die spannende Frage, ob der Radweg mittelfristig auf das zwar betonierte, aber autofreie, ufernahe und historisch interessante Upnor-Gelände verlegt wird, oder weiter entlang der Bundesstraße auf dem begrünten und baulich getrennten Radweg bleibt.

Man könnte auch argumentieren: warum nicht beides?

Gebt den Radelnden doch selbst die Wahl, wie sie Hameln am liebsten verlassen – Hauptsache, sie behalten es als Fahrradtourismus-freundliche Kommune in Erinnerung!
Und daran kann Hameln durchaus noch arbeiten!

1 ADFC-Radreiseanalyse 2024: Die Ergebnisse – ADFC

2Meistbefahren und extrem beliebt: Der Weser-Radweg | NDR.de – Nachrichten – Niedersachsen – Studio Hannover

3Radverkehrsanalyse zum Weser-Radweg mit Zahlen, Daten und Fakten | Tourismusnetzwerk NiedersachsenTourismusnetzwerk Niedersachsen

4Baustelleninformationen » Der Weser-Radweg


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