Zum zweiten Mal empfängt Oberbürgermeister Claudio Griese die Radinitiative zum Gespräch – der Ton ist freundlich, das Ergebnis aber mager. Es soll keine Sperrung des 164er Rings und auch keinen Verkehrsversuch dort geben.
Wir hatten um den erneuten Austausch mit dem Stadtoberhaupt gebeten, um mit ihm unsere laufenden Projekte zu erörtern und mit ihm Perspektiven zu entwickeln: wo ist unser Engagement, eventuell sogar in Kooperation mit der Stadt, für eine bessere Rad-Infrastruktur und eine gerechtere und klimaschonendere Verteilung des städtischen Raums möglich und sinnvoll?
Unser erstes Gespräch vor einem Jahr, sowie weitere positive Signale aus dem Rathaus in diesem Frühjahr hatten uns Hoffnung gemacht, für einige unserer Projektideen beim Oberbürgermeister offene Ohren zu finden – wenn sich schon die politischen Akteure und die heimische Presse überwiegend abwartend bis ablehnend zeigen.
Im Einzelnen ging es bei dem Gespräch, das dann am 12.11. 2024 stattfand, zunächst um ein Resümee der Europäischen Mobilitätswoche (EMW) im September, bei der Claudio Griese eine aktive Rolle gespielt hatte, indem er sich gleich zweimal in den Sattel schwang. Seine Kritik, bei der Planung der Radtouren gebe es noch Optimierungsmöglichkeiten, konnten wir durchaus nachvollziehen – die sehr spät in Gang gekommene Kooperation mit städtischen Planungen zur EMW war hier sicherlich ein Grund für Reibungsverluste. Der OB bot in diesem Zusammenhang an, Radtouren mit ihm zu machen, auf denen bewusst verkehrskritische Punkte angefahren und besprochen werden.
Insbesondere ging es dann aber um unseren Vorschlag zur Verkehrsberuhigung im 164er-Ring-Viertel, durch Sperrung des Rings für den MIV und Einbahnstraßenregelung für die als Fahrradstraße deklarierte Scharnhorststraße. Dieser Vorschlag stand am EMW-Aktionstag am 21.09. im Fokus, und Griese war live dabei. Obgleich der Tag bewies, dass ein gesperrter 164er Ring nicht nur funktioniert, sondern die Wohn- und Lebensqualität im Viertel verbessern kann, obwohl auch eine Bürgerversammlung und eine Unterschriftenaktion die von uns vorgeschlagene Lösung deutlich unterstützen, wurden wir enttäuscht: Der OB führte aus, dass die SPD “dagegen” sei, und auch andere Fraktionen (CDU, FDP) nicht einhellig dafür; daher würde selbst ein – im Frühjahr noch angedachter – “Modellversuch” auf dem Ring nicht realisiert. Auch die Idee, durch eine Eisbahn die Straße saisonal zu sperren, habe sich nicht verwirklichen lassen. Die Erweiterung des Parks sei aus Finanzierungsgründen sowieso zurückgestellt – kurz: hier passiert bis auf weiteres gar nichts, da Claudio Griese nun auch weitere Überlegungen zur Verkehrsberuhigung um den 164er Ring, wie z.B. für die Gartenstraße, ablehnt.
Auch beim nächsten Thema, nämlich der Europäischen Mobilitätswoche 2025, zeigte sich OB Grieses zwar freundlich-kooperative, aber doch eher vorsichtig-abwägende Position. Die Idee, nicht nur die Eröffnung, sondern auch den Aktionstag der EMW am 20.09. 25 auf dem Pferdemarkt durchzuführen, würde nämlich wohl mehr Laufpublikum generieren, aber der motorisierte Verkehr würde in keiner Weise eingeschränkt. Man könnte dort auch ein nettes Fest mit schönen Mitmachaktionen veranstalten, die niemandem weh tun, die aber nicht geeignet wären, Mobilität anders zu denken und zu erleben – und so ist “Mobilitätswoche” ja eigentlich gemeint.
Wir denken daher für den nächsten Aktionstag zur EMW eher über einen Parking Day (die kreative Umgestaltung von Parkplätzen), z.B. in der Baustraße, nach, wo Autofahrer und Anlieger eine tatsächliche positive Änderung spüren würden.
Auch bei weiteren kurz angeschnittenen Themen, wie “Klimaschutzkonzept”, “neues StVG”, “Umgestaltung der Kaiserstraße” blieben die Aussagen des Oberbürgermeisters recht vage und vorsichtig – ein zupackendes Angehen der Probleme und Herausforderungen konnte man nicht heraushören.
Alles in allem bleibt der Eindruck, dass – auch in Hinblick auf die politische Großwetterlage und kommende Wahlen – der Oberbürgermeister eher verwalten als gestalten will und mit der von ihm demonstrierten Kooperationsbereitschaft auch taktische Ziele verfolgt. Insofern überraschte es auch nicht, dass er auf unsere abschließende Frage, wie er unsere Rolle in der Zukunft sähe, keine Antwort wusste, die uns zufriedenstellte.
So werden wir sie denn selbst finden müssen – und genau das haben wir auch vor!